Risikohinweise

1. Einleitung

Eine Kapital­anlage ist die Verwendung finanzieller Mittel, um das Vermögen durch Erträge zu vermehren. Im vorliegenden Fall geht es um die Kapital­anlage in Kapital­märkten durch die Investition in Wertpapiere. Risiken sind Bestand­teil jeder Kapital­anlage. Vor dem Eingehen einer Kapital­anlage ist es elementar, ein grundlegendes Verständnis für die Risiken von Anlagen, Anlage­produkten und Wertpapier­dienst­leistungen zu entwickeln. Die Ausführungen in diesem Dokument sollen Ihnen ein solches Verständnis vermitteln.

1.1. Zielsetzung

Das Ziel der Kapital­anlage ist der Erhalt oder die Steigerung des Vermögens. Der wesentliche Unterschied zwischen Anlagen in Kapital­märkten und klassischen Spar­formen wie Spar­büchern, Tages­geld- oder Fest­geld­konten ist das gezielte Eingehen von Risiken, um Rendite­chancen wahr­zunehmen. Bei klassischen Spar­formen ist hingegen der eingezahlte Betrag (Nominal) garantiert, die Rendite aber auf den vereinbarten Zins begrenzt.

Das klassische Sparen zählt in Deutschland zu den beliebtesten Formen der Kapital­anlage. Hierbei wird das Vermögen hauptsächlich nominal aufgebaut, d.h. durch regelmäßige Einzahlungen und Zins­erträge. Der angesparte Betrag ist keinen Schwankungen unterworfen. Diese vermeintliche Sicherheit besteht unter Umständen allerdings nur kurz- oder mittelfristig. Das Vermögen kann nämlich durch Inflation schritt­weise entwertet werden. Ist der Spar­zins geringer als die Inflation, muss der Anleger einen Kauf­kraft­verlust und damit einen Vermögensschaden hinnehmen. Je länger die Anlage­dauer ist, desto stärker wirkt sich der negative Einfluss der Inflation auf das Vermögen aus. Die Kapital­anlage an den Kapital­märkten soll durch die Erzielung einer über dem Inflations­niveau liegenden Rendite vor diesem schleichenden Vermögens­verlust schützen. Der Anleger muss dabei allerdings bereit sein, die Risiken der verschiedenen Anlage­klassen zu tragen.

1.2. Zusammenspiel von Rendite, Sicherheit und Liquidität

Zur Auswahl einer Kapital­anlage­strategie und der entsprechenden Anlage­instrumente ist es wichtig, sich der Bedeutung der drei Grund­pfeiler der Kapital­anlage, namentlich Rendite, Sicherheit und Liquidität bewusst zu sein:

  1. Rendite ist der Maßstab des wirtschaftlichen Erfolgs einer Kapital­anlage, der in Gewinnen oder Verlusten gemessen wird. Hierzu zählen unter anderem positive Kurs­entwicklungen und Ausschüttungen wie Dividenden oder Zins­zahlungen.
  2. Sicherheit ist auf Erhaltung des angelegten Vermögens ausgerichtet. Die Sicherheit einer Kapital­anlage hängt von den Risiken ab, denen sie unter­worfen ist.
  3. Liquidität beschreibt die Verfügbarkeit des angelegten Vermögens, d.h. in welchem Zeit­raum und zu welchen Kosten das angelegte Vermögen veräußert werden kann.

Die Ziele Rendite, Sicherheit und Liquidität stehen in Wechsel­wirkung zueinander. Eine Anlage mit hoher Liquidität und hoher Sicherheit bietet in der Regel keine hohe Rentabilität. Eine Anlage mit hoher Rentabilität und verhältnismäßig hoher Sicherheit ist meist nicht liquide. Eine Anlage mit hoher Rentabilität und hoher Liquidität hat in der Regel eine geringe Sicherheit. Ein Anleger muss diese Ziele nach seinen individuellen Präferenzen sowie finanziellen und persönlichen Umständen gegen­einander abwägen. Anleger sollten sich bei dieser Abwägung bewusst sein, dass eine Vermögens­anlage, welche die Realisierung aller drei Ziele in Aussicht stellt, meist “zu gut ist, um wahr zu sein”.

1.3. Risikodiversifikation

Für die Kapital­anlage ist es besonders wichtig, nicht nur die Risiken einzelner Anlagen oder Anlage­klassen zu kennen und zu berücksichtigen, sondern auch das Zusammen­spiel der verschiedenen Einzel­risiken im Portfolio­kontext zu verstehen.

Unter Berücksichtigung der angestrebten Rendite sollte das Portfolio­risiko durch eine geeignete Kombination der Anlage­instrumente optimal reduziert werden. Dieses Prinzip, also die Reduktion des Anleger­risikos durch eine angemessene Portfolio­zusammen­setzung, wird als Risiko­streuung oder Diversifikation bezeichnet. Das Prinzip der Diversifikation folgt dem Grund­satz, nicht “alles auf eine Karte” zu setzen. Wer seine Kapital­anlage auf zu wenige Anlagen verteilt, setzt sich einem unnötig hohen Risiko aus. Durch geeignete Diversifikation lässt sich das Risiko eines Portfolios nicht nur auf den Durchschnitt der Einzel­risiken der Portfolio­bestandteile, sondern meist auch darunter senken. Der Grad der Risiko­reduktion hängt davon ab, wie unabhängig sich die Preise der Portfolio­bestand­teile voneinander entwickeln.

Die Korrelation drückt das Maß der Abhängigkeit der Preis­entwicklung der einzelnen Portfolio­bestand­teile zueinander aus. Um das Gesamt­risiko des Portfolios zu senken, sollten Anleger ihre Mittel auf Anlagen verteilen, die eine möglichst geringe oder negative Korrelation zueinander aufweisen. Hierzu können unter anderem Investments über Regionen, Sektoren und Anlage­klassen hinweg gestreut werden. So können Verluste einzelner Anlagen durch die Gewinne anderer Anlagen teil­weise ausgeglichen werden.

2. Allgemeine Risiken der Kapitalanlage

Neben speziellen Risiken einzelner Anlage­klassen, Anlage­instrumente und Wertpapier­dienst­leistungen existieren allgemeine Risiken bei der Kapital­anlage. Einige dieser Risiken sind im Folgenden beschrieben.

2.1. Konjunkturrisiko

Die gesamt­wirtschaftliche Entwicklung einer Volks­wirtschaft verläuft typischer­weise in Wellen­bewegungen, deren Phasen in die Teil­bereiche Aufschwung, Hoch­phase, Abschwung und Tief­phase unterteilt werden können. Diese konjunkturellen Zyklen und ebenfalls die mit ihnen oftmals verbundenen Interventionen von Regierungen und Zentral­banken können mehrere Jahre oder Jahr­zehnte andauern und einen bedeutenden Einfluss auf die Wert­entwicklung verschiedener Anlage­klassen haben. Konjunkturell ungünstige Phasen können somit eine Kapital­anlage langfristig in Mitleidenschaft ziehen.

2.2. Inflationsrisiko

Das Inflations­risiko beschreibt die Gefahr, durch Geld­entwertung einen Vermögens­schaden zu erleiden. Ist die Inflation – also die positive Veränderung der Preise für Waren und Dienst­leistungen – höher als die nominale Verzinsung einer Kapital­anlage, so ergibt sich dadurch ein Kauf­kraft­verlust in Höhe der Differenz. Man spricht in diesem Fall von negativen Real­zinsen.

Die Real­verzinsung kann als Orientierungs­größe für einen möglichen Kauf­kraft­verlust dienen. Beträgt die Nominal­verzinsung einer Kapital­anlage über einen bestimmten Zeit­raum 4 % und liegt die Inflation über diesen Zeit­raum bei 2 %, so ergibt sich eine Real­verzinsung von +2 % pro Jahr. Im Falle einer Inflation von 5 % würde die Real­verzinsung nur noch -1 % betragen, was einem Kauf­kraft­verlust von 1 % pro Jahr entsprechen würde.

2.3. Länderrisiko

Ein ausländischer Staat kann Einfluss auf den Kapital­verkehr und die Transfer­fähigkeit seiner Währung nehmen. Ist ein in einem solchen Staat ansässiger Schuldner aus diesem Grund trotz eigener Zahlungs­fähigkeit nicht in der Lage eine Verpflichtung (fristgerecht) zu erfüllen, so spricht man von einem Länder- oder Transfer­risiko. Ein Anleger kann hierdurch einen Vermögens­schaden erleiden. Gründe für eine Einfluss­nahme an den Finanz­märkten und/oder Transfer­beschränkungen trotz ausreichender Bonität können z.B. Devisen­mangel, politische und soziale Ereignisse wie Regierungs­wechsel, Streiks oder außen­politische Konflikte sein.

2.4. Währungsrisiko

Bei Anlagen in einer anderen Währung als der Heimat­währung des Anlegers hängt der erzielte Ertrag nicht ausschließlich vom nominalen Ertrag der Anlage in der Fremd­währung ab. Er wird auch durch die Entwicklung des Wechsel­kurses der Fremd­währung zur Heimat­währung beeinflusst. Ein Vermögens­schaden kann entstehen, wenn die ausländische Währung, in der die Anlage getätigt wurde, gegenüber der heimischen Währung abwertet. Umgekehrt kann sich bei einer Abwertung der Heimat­währung ein Vorteil für den Anleger ergeben. Ein Währungs­risiko besteht nicht nur bei Bar­anlagen in Fremd­währungen, sondern auch bei Anlagen in Aktien, Anleihen und anderen Finanz­produkten, welche in einer Fremd­währung notieren oder Ausschüttungen in einer Fremd­währung leisten.

2.5. Liquiditätsrisiko

Anlagen, die gewöhnlich kurzfristig gekauft und verkauft werden können und deren An- und Verkaufs­kurse nahe zusammen­liegen, werden als liquide bezeichnet. Für diese Anlagen gibt es in der Regel eine ausreichende Anzahl an Käufern und Verkäufern, um einen kontinuierlichen und reibungs­losen Handel zu gewähr­leisten. Bei illiquiden Anlagen oder auch in Markt­phasen, in denen unzureichende Liquidität besteht, ist hingegen nicht gewähr­leistet, dass ein Verkauf einer Anlage kurzfristig und zu geringen Kurs­abschlägen möglich ist. Dies kann zu Vermögens­verlusten führen, wenn zum Beispiel eine Anlage nur mit Kurs­verlusten veräußert werden kann.

2.6. Kostenrisiko

Kosten werden als Risiko­faktor der Kapital­anlage oft vernachlässigt. Offene und versteckte Kosten sind für den Anlage­erfolg jedoch von entscheidender Bedeutung. Für einen lang­fristigen Anlage­erfolg ist es unabding­bar, mit großer Sorgfalt auf die Kosten einer Kapital­anlage zu achten. Kredit­institute und andere Wertpapier­institute geben Transaktions­kosten für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren in der Regel an ihre Kunden weiter und können zusätzlich eine Provision für die Ausführung des Auftrags berechnen. Außerdem berechnen Banken, Fonds­anbieter oder sonstige Wertpapier­dienst­leister oder Vermittler meist sogenannte Folge­kosten, wie etwa Kosten für die Depotführung, Managementgebühren, Ausgabeaufschläge oder bezahlen Provisionen, welche für den Kunden nicht ohne Weiteres ersichtlich sind. Diese anfallenden Kosten sollten in die wirtschaftliche Gesamt­betrachtung einbezogen werden: Je höher die Kosten ausfallen, desto geringer ist die effektiv erzielbare Rendite des Anlegers.

2.7. Steuerliche Risiken

Aus Kapital­anlagen erzielte Erträge sind für den Anleger in der Regel steuer- und/oder abgaben­pflichtig. Veränderungen der steuerlichen Rahmen­bedingungen für Kapitalerträge können zu einer Änderung der Steuer- und Abgaben­last führen. Bei Anlagen im Ausland kann es darüber hinaus zu einer Doppel­besteuerung kommen. Steuern und Abgaben mindern also die effektiv erzielbare Rendite des Anlegers. Darüber hinaus können sich steuer­politische Entscheidungen positiv oder negativ auf die Kurs­entwicklung der Kapital­märkte insgesamt auswirken.

2.8. Risiko von kreditfinanzierten Kapitalanlagen

Anleger können unter Umständen durch Kredit­aufnahme oder Beleihung ihrer Wertpapiere zusätzliche Geld­mittel für die Kapital­anlage erhalten, mit dem Ziel, den Anlage­betrag zu steigern. Dieses Vorgehen bewirkt eine Hebel­wirkung des eingesetzten Kapitals und kann zu einer deutlichen Risiko­steigerung führen. Im Falle eines fallenden Portfolio­wertes können unter Umständen Nachschuss­pflichten der Beleihung oder Zins- und Tilgungs­forderungen des Kredits nicht mehr bedient werden und der Anleger ist zur (Teil-)Veräußerung des Portfolios gezwungen. Von kredit­finanzierten Kapital­anlagen ist daher im Grund­satz abzuraten. Anleger sollten für die Kapital­anlage ausschließlich frei verfügbares Kapital, welches nicht für die laufende Lebens­führung und Deckung laufender Verbindlichkeiten benötigt wird, einsetzen.

2.9. Risiko fehlerhafter Informationen

Zutreffende Informationen bilden die Grundlage für erfolgreiche Anlage­entscheidungen. Fehl­entscheidungen können aufgrund fehlender, unvollständiger oder falscher Informationen sowie fehlerhafter oder verspäteter Informations­übermittlung getroffen werden. Aus diesem Grund kann es unter Umständen angemessen sein, sich nicht auf eine einzelne Informations­quelle zu verlassen, sondern weitere Informationen einzuholen.

2.10. Risiko der Eigenverwahrung

Die Eigen­verwahrung von Wertpapieren eröffnet das Risiko des Verlusts der Urkunden. Die Neu­beschaffung der die Rechte des Anlegers verkörpernden Wertpapier­urkunden kann zeit­aufwendig und kosten­intensiv sein. Selbst­verwahrer riskieren zudem wichtige Fristen und Termine zu versäumen, so dass gewisse Rechte erst verspätet oder gar nicht mehr geltend gemacht werden können.

2.11. Risiko der Verwahrung im Ausland

Im Ausland erworbene Wertpapiere werden meist von einem durch die depot­führende Bank ausgewählten Dritten im Ausland verwahrt. Dies kann zu erhöhten Kosten, längeren Liefer­fristen und zu Unwägbar­keiten hinsichtlich ausländischer Rechts­ordnungen kommen. Insbesondere im Falle eines Insolvenz­verfahrens oder sonstiger Vollstreckungs­maßnahmen gegen den ausländischen Verwahrer kann der Zugriff auf die Wertpapiere eingeschränkt oder gar ausgeschlossen sein.

3. Funktionsweise und Risiken verschiedener Anlageklassen

3.1. Aktien

3.1.1. Allgemeines

Aktien sind Wertpapiere, die von Unternehmen zur Beschaffung von Eigen­kapital ausgegeben werden und ein Anteils­recht am Eigen­kapital einer Gesellschaft verbriefen. Ein Aktionär ist somit nicht Gläubiger wie bei einer Anleihe, sondern Mitinhaber des Unternehmens. Der Aktionär ist am wirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg beteiligt und partizipiert daran über Gewinn­ausschüttungen, sogenannten Dividenden, und über die Kurs­entwicklung der Aktie. Es existieren verschiedene Arten von Aktien, die mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet sind. Die wichtigsten Ausgestaltungen sind Stamm­aktien, Vorzugs­aktien, Inhaber­aktien und Namens­aktien. Stamma­ktien sind mit Stimm­rechten versehen und die in Deutschland am weitesten verbreitete Aktienart. Im Gegensatz dazu sind Vorzugs­aktien nicht mit Stimm­rechten ausgestattet. Zum Ausgleich erhalten Aktionäre eine bevorzugte Behandlung, z. B. bei der Ausschüttung von Dividenden. Bei einer Inhaber­aktie ist keine Eintragung des Aktionärs in ein Aktien­register notwendig. Der Aktionär kann seine Rechte auch ohne die Eintragung ausüben. Inhaberaktien sind deshalb leichter übertragbar, was die Handel­barkeit typischer­weise verbessert. Bei einer Namens­aktie wird der Name des Inhabers in ein Aktien­register eingetragen. Ohne die Eintragung können die Rechte aus dem Besitz der Aktie nicht geltend gemacht werden.

In der Vergangenheit wiesen Aktien im Vergleich zu anderen Anlage­klassen langfristig höhere Renditen beziehungs­weise Risiko­prämien auf. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass die historische Wert­entwicklung einzelner Aktien oder Aktien­indizes keine Rück­schlüsse auf die zukünftige Entwicklung zulässt. Der amerikanische Aktien­index S&P 500, der die Aktien der 500 größten börsen­notierten US‑amerikanischen Unternehmen umfasst, erzielte zwischen 1928 und 2014 eine durch­schnittliche jährliche Rendite von 9,6 %. Im selben Zeitraum lieferte eine Anlage in 10‑jährigen amerikanischen Staats­anleihen 5,0 % Ertrag. Eine Investition in den Aktien­index brachte einem Anleger also eine Mehr­rendite oder Risiko­prämie in Höhe von 4,6 % p.a. Allerdings war damit auch ein vergleichs­weise höheres Risiko verbunden: Aktien­renditen des S&P 500 wiesen eine durchschnittliche, jährliche Schwankungs­breite von knapp 20 % auf. Die Renditen amerikanischer Staats­anleihen schwankten im selben Zeitraum nur etwa 8 %. In den 86 Jahren der Beobachtung lag der maximale Verlust einer Anlage in den breit diversifizierten Aktien­index S&P 500 bei -44 %; der Maximal­verlust einer Anlage in amerikanischen Staats­anleihen betrug hingegen -11,12 %.

3.1.2. Spezielle Risiken

  1. Kursrisiko: Aktien können an der Börse, aber auch außerbörslich gehandelt werden. Der Kurs einer Aktie wird durch Angebot und Nach­frage bestimmt. Es existiert keine Berechnungs­formel für den “richtigen” oder “fairen” Kurs einer Aktie. Modelle zur Aktien­kurs­berechnung unterliegen immer subjektiven Annahmen. Die Kurs­bildung hängt im starken Maße von den unterschiedlichen Interpretationen der zugänglichen Informationen der Markt­teilnehmer ab. Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass sich Aktienkurse nicht systematisch prognostizieren lassen. Aktien­kurse werden durch viele Faktoren beeinflusst. Das damit verbundene Risiko einer negativen Kurs­entwicklung kann grob in unternehmens­spezifisches Risiko und in allgemeines Mark­trisiko unterteilt werden. Das unternehmens­spezifische Risiko ist abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens. Entwickelt sich das Unternehmen wirtschaftlich schlechter als erwartet, kann es zu negativen Aktien­kurs­entwicklungen kommen. Im ungünstigsten Fall, nämlich bei Zahlungsunfähigkeit und anschließender Insolvenz des Unternehmens, kann der Anleger einen Total­verlust seines investierten Kapitals erleiden. Es kann jedoch auch dazu kommen, dass sich der Kurs einer Aktie aufgrund der Veränderung des Gesamt­marktes bewegt, ohne dass dieser Kurs­veränderung unternehmensspezifische Umstände zugrunde liegen. Kursveränderungen, die eher aufgrund von allgemeinen Tendenzen am Aktien­markt entstehen und unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des einzelnen Unternehmens sind, werden als allgemeines Markt­risiko bezeichnet.
  2. Insolvenzrisiko: Da Aktionäre im Insolvenzfall erst dann bedient werden, wenn alle anderen Gläubiger­ansprüche bedient worden sind, sind Aktien als Anlage­klasse mit relativ hohem Risiko anzusehen.
  3. Dividendenrisiko: Die Beteiligung der Aktionäre am Gewinn des Unternehmens durch monetäre Ausschüttungen werden Dividenden genannt. Genau wie die zukünftigen Gewinne eines Unternehmens lassen sich die zukünftigen Dividenden nicht prognostizieren. Erwirtschaftet ein Unternehmen einen geringeren als den geplanten oder keinen Gewinn und hat keinerlei Rücklagen gebildet, so kann die Dividende verringert oder gänzlich ausgesetzt werden. Ein Aktien­investor hat jedoch auch im Falle eines erzielten Gewinns kein Anrecht auf eine Ausschüttung. Werden Rück­stellungen z. B. wegen zukünftig erwarteter Kosten (Klagen, Umstrukturierung etc.) seitens des Unternehmens für notwendig erachtet, kann dieses unter Umständen die Dividende trotz eines erzielten Gewinns aussetzen.
  4. Zinsänderungs­risiko: Im Zuge steigender Zinsen kann es dazu kommen, dass sich Aktien­kurse rückläufig entwickeln, da z. B. Kredit­kosten des Unternehmens sich erhöhen können oder künftige Gewinne mit einem höheren Zinssatz diskontiert und somit zum heutigen Zeit­punkt niedriger bewertet werden.
  5. Liquiditätsrisiko: Gewöhnlich werden für börsen­gehandelte Aktien, insbesondere wenn es sich um Gesellschaften mit einem hohen Unternehmenswert handelt, die Teil eines bedeutenden Aktien­index, wie z. B. des DAX sind, laufend An- und Verkaufs­kurse gestellt. Sollten aus verschiedenen Gründen keine handelbaren Kurse am Markt zustande kommen, hat der Aktionär temporär keine Möglichkeit seine Aktien­position zu veräußern, was sich negativ auf seine Investition auswirken kann.

3.2. Anleihen

3.2.1. Allgemeines

Anleihen bezeichnen eine große Band­breite verzinslicher Wertpapiere, auch Renten­papiere genannt. Dazu zählen neben “klassischen” Anleihen auch Index­anleihen, Pfand­briefe, Inflations­anleihen und strukturierte Anleihen. Die grundlegende Funktions­weise ist allen Anleihe­typen gemein. Anleihen werden im Gegen­satz zu Aktien sowohl von Unternehmen, als auch von öffentlichen Einrichtungen und Staaten (so genannten Emittenten) begeben. Sie gewähren dem Inhaber kein Anteils­recht. Durch die Ausgabe von Anleihen nimmt ein Emittent Fremd­kapital auf. Anleihen sind handelbare Wertpapiere mit einem Nominal­betrag (Höhe der Schulden), einem Zinssatz (Kupon) und einer festgelegten Lauf­zeit. Wie bei einem Kredit, verpflichtet sich der Emittent dem Anleger einen entsprechenden Zins­satz zu bezahlen. Die Zins­zahlungen können entweder in regelmäßigen Abständen während der Lauf­zeit oder kumuliert am Ende der Lauf­zeit erfolgen. Am Ende der Lauf­zeit erhält der Anleger zudem den Nominal­betrag.

Die Höhe des zu bezahlenden Zins­satzes hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die wichtigsten Parameter für die Höhe des Zins­satzes sind in der Regel die Bonität des Emittenten, die Lauf­zeit der Anleihe, die zugrundeliegende Währung und das allgemeine Markt­zins­niveau. Bei Inflations­anleihen sind Nominal­betrag und Zins­satz zudem von der Entwicklung der Inflation abhängig. Je nach Methode der Zins­zahlung können Anleihen in verschiedene Gruppen unterteilt werden. Wird der Zins­satz von vornherein über die gesamte Lauf­zeit festgelegt, spricht man von “Straight Bonds”. Anleihen, bei denen die Verzinsung an einen variablen Referenz­zins gekoppelt ist und deren Zins­satz sich während der Lauf­zeit der Anleihe ändern kann, werden “Floater” (engl. float = gleiten) genannt. Ein möglicher unternehmens­spezifischer Auf- oder Abschlag zum jeweiligen Referenz­zins­satz orientiert sich in der Regel am Bonitäts­risiko des Emittenten. Ein höherer Zins­satz bedeutet dabei grundsätzlich ein höheres Bonitäts­risiko. Genau wie Aktien können Anleihen an Börsen oder außer­börslich gehandelt werden.

Die Erträge, die Anleger durch Investitionen in Anleihen erzielen können, resultieren aus der Verzinsung des Nominal­betrags der Anleihe und aus einer eventuellen Differenz zwischen An- und Verkaufs­kurs. Empirische Untersuchungen zeigen, dass die mit Anleihen durchschnittlich erzielten Erträge über einen längeren Zeit­horizont in der Vergangenheit höher waren als bei Anlagen in Fest­geld, jedoch geringer ausfielen als bei Investitionen in Aktien.

3.2.2. Spezielle Risiken

  1. Emittenten-/Bonitäts­risiko: Ein offensichtliches Risiko bei der Investition in Anleihen ist das Ausfallrisiko des Emittenten. Kann der Emittent seine Verpflichtung gegenüber dem Anleger nicht erfüllen, so droht dem Anleger ein Total­verlust. Im Gegen­satz zu Aktien­investoren ist ein Anleger in Anleihen im Insolvenz­fall allerdings besser­gestellt, da er dem Emittenten Fremd­kapital zur Verfügung stellt und seine Forderung aus einer eventuell anfallenden Insolvenz­masse (ggf. teilweise) bedient werden kann. Die Bonität vieler Emittenten wird in regelmäßigen Abständen von Rating­agenturen eingeschätzt und in Risiko­klassen unterteilt. Ein Emittent mit geringer Bonität muss in der Regel einen höheren Zins­satz als Kompensation für das Bonitäts­risiko an die Käufer der Anleihen bezahlen als ein Emittent mit ausgezeichneter Bonität. Bei besicherten Anleihen (“Covered-Bonds”) hängt die Bonität in erster Linie von Umfang und Qualität der Besicherung (Deckungs­stock) und nicht ausschließlich von der Bonität des Emittenten ab.
  2. Inflationsrisiko: Als Inflations­risiko bezeichnet man die Änderung der Kauf­kraft der finalen Rück­zahlung und/oder der Zins­erträge aus einer Anlage. Ändert sich während der Lauf­zeit einer Anleihe die Inflation derart, dass sie über dem Zins­satz der Anleihe liegt, so sinkt die effektive Kauf­kraft des Anlegers (negative Real­zinsen).
  3. Zinsänderungsrisiko und Kurs­risiko: Das von der Zentral­bank bestimmte Leit­zins­niveau hat maßgeblichen Einfluss auf den Wert einer Anleihe. Bei steigendem Zins­niveau wird beispiels­weise die Verzinsung einer Anleihe mit fixem Zins­satz relativ unattraktiver und der Preis der Anleihe fällt. Ein Anstieg der Markt­zinsen geht also in der Regel mit fallenden Kursen für Anleihen einher. Selbst wenn ein Emittent alle Zinsen und den Nominal­betrag am Ende der Lauf­zeit zahlt, kann es somit zu einem Verlust für einen Anleihen­investor kommen, wenn er beispiels­weise vor Laufzeit­ende zu einem Kurs verkauft, der unter dem Emissions- oder Kauf­preis der Anleihe liegt.

3.3. Rohstoffe

3.3.1. Allgemeines

Kapital­anlagen in Rohstoff­produkte werden zu den alternativen Anlage­klassen gezählt. Anders als Aktien und Anleihen werden Roh­stoffe, sofern sie zum Zweck der Kapital­anlage gehandelt werden, gewöhnlich nicht physisch übertragen, sondern über Derivate (meist Futures, Forwards oder Swaps) gehandelt. Derivate sind Verträge, bei denen sich die Vertrags­parteien einigen, ein bestimmtes Gut (Basiswert) in der Zukunft zu einem festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Je nachdem ob der Markt­preis des Rohstoffs über oder unter dem vereinbarten Preis liegt, ist der Wert des Derivats positiv oder negativ. In den meisten Fällen findet keine tatsächliche Lieferung der Roh­stoffe, sondern eine Ausgleichs­zahlung über die Differenz zwischen Markt­preis und vereinbartem Preis statt. Diese Vorgehens­weise erleichtert den Handel, da Heraus­forderungen wie Lagerung, Transport und Versicherung der Roh­stoffe ignoriert werden können. Allerdings bringt diese synthetische Art der Kapital­anlage in Roh­stoffe einige Besonder­heiten mit sich, die es zu beachten gilt.

Rohstoffe ermöglichen einem Anleger ausschließlich die Aussicht auf Erträge durch Kurs­gewinne und bieten keine Ausschüttungen. Möchte der Anleger nur in einen Roh­stoff investieren, muss er ein entsprechendes Wertpapier kaufen, das die Wert­entwicklung von Roh­stoffen abbildet (Exchange Traded Commodities, ETCs). ETCs werden wie ETFs an der Börse gehandelt. Allerdings gilt es einen wichtigen Unterschied zu beachten: Das in einen ETC investierte Kapital ist kein Sonder­vermögen, das im Falle einer Insolvenz des Emittenten geschützt ist. Bei einem ETC handelt es sich nämlich um eine Schuld­verschreibung des ETC-Emittenten. Im Vergleich zu einem (physischen) ETF hat der Anleger beim ETC somit ein Emittenten­risiko. Zur Minimierung dieses Risikos setzen Emittenten auf unterschiedliche Methoden der Besicherung. Die für die Auswahl eines ETFs relevanten Kriterien sind entsprechend auf ETCs anwendbar (vgl. Ziffer 4.6.4).

3.3.2. Spezielle Risiken

  1. Kursrisiko: Generell sind Anlagen in Roh­stoffen den gleichen Preis­risiken ausgesetzt, wie direkte Investitionen in Roh­stoffe. Besondere Ereignisse wie beispiels­weise Natur­katastrophen, politische Konflikte, staatliche Regulierung oder Wetter­schwankungen können die Verfügbarkeit von Roh­stoffen beeinflussen und dadurch zu einer drastischen Preis­änderung des Basis­wertes und unter Umständen auch des Derivats führen. Dies kann auch zu einer Einschränkung der Liquidität führen und fallende Kurse nach sich ziehen. Als Produktions­faktor für die Industrie ist die Nach­frage nach bestimmten Roh­stoffen wie Metallen und Energie­trägern zudem maßgeblich von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abhängig.
  2. Kontrahentenrisiko: Durch den Handel über Derivate besteht ein Risiko im Hinblick auf die Ausgestaltung des Derivate­vertrags. Ist der Vertrags­partner nicht in der Lage oder unwillig, seiner Verpflichtung aus dem Derivate­vertrag nach­zu­kommen, kann es sein, dass der Derivate­vertrag gänzlich oder teil­weise nicht erfüllt wird.

3.4. Fremdwährungen

3.4.1. Allgemeines

Kapital­anlagen in Fremd­währung bieten Anlegern eine Möglichkeit zur Diversifikation ihres Portfolios. Des Weiteren sind Investitionen u.a. in die vormals genannten Anlage­klassen oftmals mit dem Eingehen von Fremd­währungs­risiken verbunden. Investiert ein deutscher Anleger beispiels­weise direkt oder indirekt (z. B. über einen Fonds oder ETF) in amerikanische Aktien, so unterliegt seine Anlage nicht nur den Aktien­risiken, sondern ebenfalls dem Wechsel­kurs­risiko zwischen Euro und US‑Dollar, welches sich positiv oder negativ auf den Wert seiner Anlage auswirken kann.

3.4.2. Spezielle Risiken

  1. Wechselkursrisiko: Wechsel­kurse verschiedener Währungen können sich im Laufe der Zeit ändern und es kann zu erheblichen Kurs­ausschlägen kommen. Investiert ein deutscher Anleger beispiels­weise in US‑Dollar oder in eine in US‑Dollar notierende Aktie, wirkt sich eine Abwertung des US‑Dollars gegen­über dem Euro (d. h. Aufwertung des Euro) nachteilig auf seine Investition aus. Unter Umständen kann sogar eine positive Aktien­kurs­entwicklung durch die US‑Dollar Abschwächung überkompensiert werden.
  2. Zinsänderungsrisiko: Ändern sich die Zinsen im Heimat­markt oder im Markt der Fremd­währung, kann dies bedeutende Auswirkungen auf den Wechsel­kurs haben, da Veränderungen der Zins­niveaus mitunter große länder­übergreifende Kapital­bewegungen auslösen können.
  3. Regulatorische Risiken: Zentral­banken spielen bei der Preis­bildung von Wechsel­kursen eine entscheidende Rolle. Neben den Geld­mengen und Zinsen kontrollieren einige Zentral­banken auch die Wechsel­kurse. Sie intervenieren an den Märkten, sobald gewisse Schwellen erreicht werden indem sie die eigene Währung verkaufen oder kaufen oder sie koppeln den Wechsel­kurs ganz oder teilweise an eine Fremd­währung. Werden diese Strategien geändert oder aufgehoben, kann dies zu erheblichen Verwerfungen an den entsprechenden Devisen­märkten führen. Dies war beispiels­weise zu beobachten als die Schweizerische National­bank im Januar 2015 die Festlegung des Mindest­wechsel­kurses des Schweizer Franken gegen­über dem Euro von 1,20 EUR/CHF aufgab und der Wechsel­kurs am selben Tag von 1,20 EUR/CHF bis auf 0,97 EUR/CHF nachgab.

3.5. Immobilien

3.5.1. Allgemeines

Unter diese Anlage­klasse fallen Wohn­immobilien (z. B. Wohnungen und Reihen­häuser), Gewerbe­immobilien (z. B. Büro­gebäude oder Laden­flächen) und Unternehmen, welche in Immobilien investieren oder diese verwalten. Die Anlage kann entweder direkt durch den Kauf der Immobilien oder indirekt durch den Kauf von Anteilen an Immobilien­fonds, Real Estate Investment Trusts (REITs) und sonstigen Immobilien­gesellschaften erfolgen.

3.5.2. Spezielle Risiken

  1. Ertragsrisiko: Der Erwerb von Immobilien erfordert zu Beginn eine hohe Investition, welche sich erst im Laufe der Zeit durch Zahlungs­ströme aus Vermietung und Verpachtung amortisiert. Die Ertrags­lage kann jedoch durch Einschränkungen der Nutzbarkeit in zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht relativ leicht gestört werden, so dass die Amortisation der Anfangs­investition einen längeren Zeit­raum beansprucht.
  2. Bewertungsrisiko: Bei der Bewertung einer Immobilie spielen eine Vielzahl von Kriterien eine Rolle (Lage, Größe, Umfeld, Nutzungs­fläche etc.). Zudem besteht der Immobilien­markt aus räumlich getrennten Teil­märkten. Aus diesen Gründen ist die Immobilien­bewertung zahlreichen Unwägbarkeiten ausgesetzt, die sich im Einzelnen nur schwer prognostizieren lassen.
  3. Liquiditätsrisiko: Immobilien stellen eine relativ illiquide Anlage­klasse dar, denn aufgrund der hohen Individualität von Immobilien und des Bestehens von Teil­märkten kann der Prozess von Bewertung, Verkauf und Übereignung einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Eine schnelle Realisierung des Werts einer Immobilie ist deshalb meist nicht möglich. Der mittelbare Erwerb von Immobilien durch Anteile an Immobilien­gesellschaften mindert dieses Risiko.
  4. Transaktionskosten: Der Prozess von Bewertung, Verkauf und Übereignung von direkten Immobilien­anlagen verursacht im Vergleich zu Finanzanlagen relativ hohe Kosten.
  5. Kursrisiko: Bei der indirekten Investition in Immobilien über den Erwerb von Anteilen an Immobilien­fonds oder REITs ist der Anleger einem Kurs­risiko ausgesetzt. Der Kurs kann sich im Zuge allgemeiner Markt­schwankungen verändern, ohne dass sich die Situation des Fonds geändert hat.

3.6. Offene Investmentfonds

3.6.1. Allgemeines

Investment­fonds sind Vehikel zur gemeinschaftlichen Vermögens­anlage nach den Regelungen des Kapital­anlage­gesetzbuches. Hierbei ist zwischen offenen Investment­fonds, die einer unbegrenzten Anzahl von Anlegern offenstehen, und geschlossenen Investment­fonds, die einer begrenzten Anzahl von Anlegern offen­stehen, zu unterscheiden. Eine Kapital­verwaltungs­gesellschaft legt die Anlage­strategie eines offenen Investment­fonds fest und verwaltet das Fonds­vermögen professionell. Das Fonds­vermögen ist hierbei als Sonder­vermögen aus Gründen des Anleger­schutzes strikt von dem Vermögen der Kapital­verwaltungs­gesellschaft zu trennen. Aus diesem Grund werden die zum Investment­fonds gehörenden Vermögens­gegenstände bei der sogenannten Verwahr­stelle verwahrt. Das Fonds­vermögen kann sich je nach Art des Investment­fonds aus verschiedensten Vermögens­werten zusammen­setzen (z. B. Wertpapieren, Geldmarkt­instrumenten, Bank­guthaben, Investment­anteilen und Derivaten).

Anleger können jederzeit durch den Erwerb von Investment­anteil­scheinen über ein Kredit­institut oder die Kapital­verwaltungs­gesellschaft eine Mitberechtigung am Fonds­vermögen erwerben. Die Kapital­verwaltungs­gesellschaft kann jedoch unter gewissen Umständen die Ausgabe von Fonds­anteilen vorübergehend beschränken, aussetzen oder endgültig einstellen. Die Liquidation der Investment­anteile kann auf zwei Arten erfolgen. Zum einen besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Rückgabe der Investment­anteil­scheine an die Kapital­verwaltungs­gesellschaft zu dem offiziellen Rücknahme­preis. Zum anderen können die Investment­anteil­scheine ggf. an einer Börse gehandelt werden. Sowohl im Falle des Erwerbs als auch der Liquidation von Investment­anteil­scheinen können Dritt­kosten anfallen (z. B. Ausgabe­aufschlag, Rücknahme­abschlag, Kommission).

Der Wert eines einzelnen Investment­anteil­scheins berechnet sich nach dem Wert des Fonds­vermögens geteilt durch die Anzahl der ausgegebenen Investment­anteil­scheine. Der Wert des Fonds­vermögens wird hierbei meist nach einem vorgegebenen Bewertungs­verfahren ermittelt. Für börsen­gehandelte Investment­fonds steht zudem der fortlaufende Börsen­handel zur Preis­findung zur Verfügung. Die wesentlichen Anleger­informationen, der Verkaufs­prospekt und die Anlage­bedingungen geben Auskunft über die Anlage­strategie, die laufenden Kosten (Verwaltungs­vergütung, Betriebs­kosten, Kosten der Verwahr­stelle etc.) und sonstige wesentliche Informationen rund um den offenen Investment­fonds. Zudem sind die zu veröffentlichenden Halbjahres- und Jahres­berichte eine wichtige Informations­quelle. Ausländische Kapital­verwaltungs­gesellschaften können rechtlich anders strukturiert sein als das deutsche Pendant. Falls diese ausländischen Kapital­verwaltungs­gesellschaften offene Investment­fonds in Deutschland vertreiben, müssen sie jedoch bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllen und unterliegen der Aufsicht deutscher Aufsichts­behörden.

Die unterschiedlichen Arten von offenen Investment­fonds können nach folgenden Kriterien differenziert werden:

  1. Zusammensetzung: Die Fonds­vermögen kann sich aus verschiedenen Anlage­klassen zusammensetzen (z. B. Aktien, verzinsliche Wertpapiere, Roh­stoffe).
  2. Geographischer Schwerpunkt: Offene Investment­fonds können sich entweder auf bestimmte Länder oder Regionen konzentrieren oder weltweit investieren.
  3. Zeitlicher Anlagehorizont: Offene Investment­fonds können eine feste oder eine unbegrenzte Lauf­zeit haben.
  4. Ertragsverwendung: Offene Investmentfonds können die Erträge regelmäßig ausschütten oder zur Mehrung des Fonds­vermögens einsetzen (thesaurieren).
  5. Währung: Die Preise der Investment­anteil­scheine von offenen Investment­fonds können in Euro oder einer Fremd­währung angeboten werden.
  6. Absicherung: Die Kapital­verwaltungs­gesellschaft oder ein Dritter kann eine gewisse Wert­entwicklung, gewisse Ausschüttungen oder einen gewissen Wert­erhalt garantieren.

3.6.2. Exchange Traded Funds im Speziellen

Exchange Traded Funds (“ETFs”) sind börsen­gehandelte offene Investment­fonds, die die Wert­entwicklung eines Index – wie beispiels­weise des DAX – nachbilden. Sie werden auch als passive Index­fonds bezeichnet. Im Gegensatz zu aktiven Anlage­strategien, die durch die Auswahl einzelner Wertpapiere (“Stockpicking”) und Bestimmung günstiger Zeit­punkte für Ein- und Ausstieg (“Market-Timing”) eine Überrendite (“Outperformance”) gegenüber einem Vergleich­sindex (“Benchmark”) erzielen wollen, ist eine passive Anlage­strategie darauf ausgerichtet, einen Vergleichs­index nicht zu übertreffen, sondern diesen bei möglichst geringen Kosten nachzubilden.

Wie sonstige offene Investment­fonds geben ETFs Anlegern Zugang zu einem breiten Portfolio aus Aktien, Anleihen oder anderen Anlagekategorien wie Roh­stoffen oder Immobilien. Anders als bei anderen offenen Investment­fonds werden ETFs gewöhnlich nicht direkt bei einer Kapital­verwaltungs­gesellschaft ge- oder verkauft, sondern der Handel findet an einer Börse oder einem anderen Handels­platz statt. Ein ETF kann also wie eine Aktie an Wertpapier­börsen gehandelt werden. Um die Liquidität zu verbessern, werden für ETFs meist Market Maker bestellt, die eine ausreichende Liquidität durch das regelmäßige Bereitstellen von An- und Verkaufs­preisen gewährleisten sollen. Eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Liquidität besteht jedoch nicht.

ETFs können die ihnen zugrunde­liegenden Indizes auf zwei verschiedene Arten abbilden. Bei der physischen Abbildung (sog. Replikation) wird der Index durch den Kauf aller Index­bestand­teile (beispiels­weise der 30 Aktien des DAX) oder ggf. einer relevanten Teil­menge nach­gebildet. Bei der synthetischen Replikation schließt der ETF-Anbieter eine Vereinbarung in Form eines Tausch­geschäfts (“Swap”) mit einer Bank bei dem die genaue Wert­entwicklung des gewünschten Index zugesichert und besichert wird. Ein synthetischer ETF hält somit nicht die zugrunde­liegenden Aktien.

3.6.3. Spezielle Risiken

  1. Kursrisiko: Da ETFs einen zugrunde­liegenden Index passiv nach­bilden und nicht aktiv verwaltet werden, tragen sie generell die Basis­risiken der zugrunde­liegenden Indizes. ETFs schwanken somit direkt proportional mit ihrem Basis­wert. Das Risiko-Rendite-Profil von ETFs und ihrer zugrunde­liegenden Indizes sind daher sehr ähnlich. Fällt der DAX z. B. um 10 %, so wird der Kurs eines den DAX abbildenden ETFs ebenfalls um rund 10 % fallen.
  2. Risikokonzentration: Das Anleger­risiko steigt mit einer zunehmenden Spezialisierung eines ETF etwa auf eine gewisse Region, Branche oder Währung. Dieses erhöhte Risiko kann jedoch auch erhöhte Ertrags­chancen mit sich bringen.
  3. Wechselkursrisiko: ETFs enthalten Wechsel­kurs­risiken, wenn deren zugrunde­liegender Index nicht in der Währung des ETFs notiert. Kommt es zu einer Abschwächung der Index­währung gegenüber der Währung des ETFs wird die Wert­entwicklung des ETFs negativ beeinflusst.
  4. Replikationsrisiko: ETFs unterliegen zudem einem Replikations­risiko, d.h. es kann zu Abweichungen zwischen dem Wert des Index und des ETFs kommen (“Tracking-Error”). Dieser Tracking-Error kann über den durch die ETF-Gebühren bedingten Unterschied in der Wert­entwicklung hinausgehen. Eine solche Abweichung kann z.B. durch Bar­bestände, Neu­gewichtungen, Kapital­maßnahmen, Dividenden­zahlungen oder die steuerliche Behandlung von Dividenden verursacht werden.
  5. Kontrahentenrisiko: Darüber hinaus existiert bei synthetisch replizierenden ETFs ein Kontrahenten­risiko. Sollte ein Swap­kontrahent seinen Zahlungs­verpflichtungen nicht nachkommen, kann es zu Verlusten für den Anleger kommen.
  6. Risiko der Übertragung oder Kündigung des Sonder­vermögens: Unter gewissen Voraussetzungen ist sowohl die Übertragung des Sonder­vermögens auf ein anderes Sonder­vermögen als auch die Kündigung der Verwaltung durch die Kapital­verwaltungs­gesellschaft möglich. Im Falle der Übertragung kann die fortgesetzte Verwaltung zu schlechteren Konditionen stattfinden. Im Falle der Kündigung besteht das Risiko (zukünftiger) entgangener Gewinne.
  7. Außerbörslicher Handel: Wenn ETFs und deren zugrunde­liegende Komponenten an unterschiedlichen Börsen mit abweichenden Handels­zeiten gehandelt werden, besteht das Risiko, dass Geschäfte in diesen ETFs außerhalb der Handels­zeiten der jeweiligen Komponenten durchgeführt werden. Dies kann zu einer Abweichung in der Wert­entwicklung gegenüber dem zugrunde­liegenden Index führen.
  8. Wertpapierleihe: Ein Investment­fonds kann zur Rendite­optimierung Wertpapier­leihgeschäfte eingehen. Kann ein Entleiher seiner Verpflichtung zur Rückgabe nicht nachkommen und hat die gestellte Sicherheit an Wert verloren, so drohen dem Investment­fonds Verluste.

3.6.4. Wichtige Kriterien für die Auswahl

Bei der Auswahl von ETFs sollten insbesondere folgende Kriterien beachtet werden:

  1. Niedrige Kosten: Die Vermeidung von Kosten ist eines der wichtigsten Kriterien für den lang­fristigen Anlage­erfolg. Bei der Auswahl der ETFs sollten insbesondere die Gesamt­kosten der Index­nachbildung (“Total-Expense-Ratio”, TER) sowie die noch weiter gefassten Gesamt­kosten einer Anlage (“Total-Cost-of-Ownership”, TCO), welche zusätzlich die externen Handels­kosten wie Geld-Brief-Spannen, Steuern und Makler­courtagen berücksichtigten, beachtet werden.
  2. Hohe Liquidität: ETFs mit geringer Handels­liquidität haben in der Regel weitere Geld-Brief-Spannen, was die Handels­kosten erhöht. Es sollten bei der Auswahl ETFs mit großen Anlage­volumina und mehreren Market-Makern bevorzugt werden, um eine bestmögliche Handel­barkeit zu gewährleisten und die Handels­kosten gering zu halten.
  3. Geringer Tracking-Error: Der Tracking-Error gibt die Genauigkeit der Index­nachbildung an. Es ist ratsam, auf eine geringe Abweichung der Wert­entwicklung des ETF von dem zugrunde­liegenden Index zu achten, um eine möglichst genaue Abbildung des vorgesehenen Anlage­marktes zu erreichen.
  4. Angemessene Diversifikation: ETFs bilden meist breite Indizes mit einer Vielzahl von Einzel­werten ab. Je nach ETF können diese über Länder, Währungen und Sektoren hinweg gestreut sein. Diese breite Risiko­streuung ermöglicht den Zugang zu den fundamentalen Rendite­treibern der jeweiligen Anlage­klasse, ohne hohe Einzel­risiken in Kauf zu nehmen. Sehr breit aufgestellte Indizes können jedoch auch eine Anzahl kleiner Unternehmen mit geringer Liquidität und damit höheren Handels­kosten enthalten. Bei der Auswahl sollte auf ein ausgewogenes und günstiges Verhältnis von Risiko­diversifikation und impliziten Handels­kosten der ETFs geachtet werden.
  5. Robuste Replikationsmethode: ETFs werden in zwei grundsätzlichen Ausführungen angeboten: mit physischer und synthetischer Nach­bildung des zugrunde­liegenden Index. Synthetisch replizierende ETFs haben im Vergleich zu physisch replizierenden ein erhöhtes Risiko­profil, da synthetische ETFs von ihren Swap-Kontrahenten abhängig sind und somit ein gewisses Ausfall­risiko zu tragen haben. Daher wird, aufgrund ihrer etwas robusteren und zuverlässigeren Anlage­form, physisch replizierenden ETFs häufig der Vorzug gegeben. Für die Investition in bestimmte Märkte, wie beispielsweise in Rohstoff­märkte oder Schwellen­länder, ist eine physische Replikation jedoch nicht möglich oder nicht wirtschaftlich. In diesen Fällen bieten synthetisch replizierende ETFs eine gute Markt­zugangs­möglichkeit.

4. Funktionsweise und Risiken des Handels von Wertpapieren

4.1. Ausführungsgrundsätze, Auswahlgrundsätze und Interessenkonflikte

Kauf- und Verkauf­saufträge werden von der depot­führenden Bank nach deren Sonder­bedingungen für Wertpapier­geschäfte sowie deren Ausführungs­grundsätzen ausgeführt. Falls die Aufträge durch einen Vermögens­verwalter erteilt werden, sind zusätzlich dessen Auswahl- oder Ausführungs­grundsätze zu beachten. Zudem können die jeweiligen Bedingungen über den Umgang mit Interessen­konflikten (“Conflict of Interest Policies”) relevante Bestimmungen enthalten. Die Aufträge des Kunden können mit Aufträgen anderer Kunden zusammengelegt werden.

4.2. Kommission und Festpreis

Für den Kunden durch die Bank getätigte Dispositionen über Wertpapiere können durch Festpreis- oder Kommissions­geschäft erfolgen. Im Rahmen eines Festpreis­geschäftes verkauft oder kauft die Bank die entsprechenden Wertpapiere zu einem vereinbarten Preis direkt an bzw. von dem Kunden. Im Rahmen eines Kommissions­geschäfts kauft oder verkauft die Bank die entsprechenden Wertpapiere für Rechnung des Kunden, so dass die mit dem Dritten vereinbarten Konditionen wirtschaftlich dem Kunden zugerechnet werden.

4.3. Börslicher und außerbörslicher Handel

Kunden­aufträge können an Börsen oder außer­börslichen Handels­plätzen, etwa im Interbanken­handel oder im Rahmen von multilateralen Handels­systemen, ausgeführt werden. Börsen sind organisierte und regulierte Märkte für Aktien, sonstige Wertpapiere und Waren. Man kann die verschiedenen Arten von Börsen nach der Regulierungs­dichte (regulierter Markt oder Frei­verkehr) und der Art des Handels (Präsenz­handel oder elektronisches Handels­system) differenzieren.

4.4. Preisfeststellung

Im Präsenz­handel stellt der so genannte Skontro­führer den entsprechenden Preis entweder im Rahmen des variablen Handels oder nach einem Einheits­kurs fest. Bei der Feststellung des Einheits­preises gilt das Meist­ausführungs­prinzip. Dies bedeutet, dass derjenige Preis als Ausführungspreis bestimmt wird, bei dem der größte Umsatz bei geringstem Überhang zustande kommt. Im elektronischen Handel erfolgt die Preis­feststellung durch elektronische Systeme nach bestimmten Regeln und meist ebenfalls unter Beachtung des Meist­ausführungs­prinzips.

4.5. Weisungen und Limite

Kauf- und Verkaufs­aufträge werden von der depot­führenden Bank nach deren Sonder­bedingungen für Wertpapier­geschäft sowie deren Ausführungs­grundsätzen ausgeführt. Allerdings sind Weisungen des Kunden vorrangig. Diese Weisungen können preisliche und zeitliche Grenzen (Limite , Gültigkeits­dauer oder Limitzusätze) festlegen. Auf diese Art kann der Kunde den jeweiligen Auftrag “feinjustieren”.

4.6. Spezielle Risiken

  1. Übermittlungsrisiko: Erteilt der Kunde nicht eindeutige Aufträge, so besteht das Risiko von Fehlern bei der Auftrags­ausführung.
  2. Fehlende Marktliquidität: Bei fehlender Markt­liquidität kann der entsprechende Auftrag des Kunden nicht oder nur verspätet ausgeführt werden.
  3. Preisrisiko: Zwischen Auftrags­erteilung und -ausführung kann eine gewisse Zeit­spanne liegen. Das kann dazu führen, dass sich der Börsen­preis in der Zwischen­zeit nachteilig entwickelt.
  4. Handelsaussetzung und andere Schutz­maß ­nahmen: Der Börsen­handel kann ausgesetzt werden, wenn ein ordnungs­gemäßer Börsen­handel zeitweilig gefährdet oder wenn dies zum Schutze der Investoren geboten erscheint. Zudem kann es aufgrund erhöhter Volatilität der Börsen­kurse zu Handels­unterbrechungen kommen.
  5. Sammel­aufträge: Sie können eine negative Auswirkung auf die Preis­bildung am Markt haben oder aufgrund eines zu großen Auftrags­volumens zu einer reduzierten Zuteilung für den einzelnen Kunden führen. Für letzteren Fall gelten die Grund­sätze der Auftrags­zuteilung der depot­führenden Bank und ggf. des Vermögens­verwalters, in denen die ordnungs­gemäße Zuteilung zusammen­gelegter Aufträge und Geschäfte, unter Berücksichtigung des Einflusses von Volumen und Preis auf die Zuteilung und Teil­ausführung von Aufträgen, geregelt wird.

5. Funktionsweise und Risiken von Wertpapierdienstleistungen

Für die Kapital­anlage werden verschiedene Wertpapier­dienst­leistungen angeboten. Bevor sich Kunden für ein Angebot entscheiden ist es sehr wichtig, die Unterschiede und damit verbundenen typischen Risiken und Interessen­konflikte zu verstehen.

5.1. Reines Ausführungsgeschäft

Beim reinen Ausführungs­geschäft (auch “Execution Only” genannt) wird die depot­führende Bank lediglich auf Veranlassung des Kunden bei der Ausführung von Wertpapier­aufträgen tätig. Eine Beratung und Prüfung der Angemessenheit findet nicht statt. Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften dürfen reine Ausführungs­geschäfte nur für nicht-komplexe Finanz­instrumente (z. B. Aktien, Geld­markt­instrumente, Schuld­verschreibungen oder Publikums­fonds) vorgenommen werden. Über die Ausführung erhält der Kunde eine Wertpapier­abrechnung, welche die wesentlichen Ausführungs­daten enthält (insbesondere Art des Auftrags, Bezeichnung der Wertpapiere, Stück­zahl bzw. Nominal­betrag, Geschäfts­gegenwert, Ausführungs­ort und -zeit, Ausführungs­kurs, Erfüllungs­tag).

5.2. Beratungsfreies Geschäft

Ein beratungsfreies Geschäft liegt vor, wenn der Kunde eine Anlage­entscheidung trifft, ohne dass ihm zuvor eine Anlage­empfehlung einer Bank erteilt wurde. Die Explorations­pflicht der Bank ist gegenüber der Anlage­beratung oder der Finanz­portfolio­verwaltung erheblich reduziert. Im Gegensatz zum reinen Ausführungs­geschäft besteht jedoch zumindest eine eingeschränkte Explorations­pflicht.

5.3. Anlage- und Abschlussvermittlung

Bei einer Anlage- und Abschluss­vermittlung findet keine Beratung des Kunden statt. Dem Kunden wird lediglich ein Finanz­produkt vermittelt. Eine Prüfung der Geeignetheit der Finanz­anlage für den Kunden ist nicht erforderlich und findet somit nicht oder nur in geringem Maße statt. Bei der Vermittlung wird typischer­weise ausschließlich oder vorwiegend das zu vermittelnde Finanz­produkt beworben. Dabei kann der Kunde fälschlicher­weise den Eindruck erhalten, es handle sich um eine Anlage­beratung. Die Vergütung bei einer Anlage- und Abschluss­vermittlung findet meist über eine Rück­vergütung vom Anbieter oder Emittenten des Finanz­produkts direkt an den Vermittler statt, zum Beispiel über eine im Finanz­produkt enthaltene Vermittlungs­provision oder ein vom Kunden zu zahlendes Aufgeld.

5.4. Anlageberatung

Bei der Anlage­beratung empfiehlt ein Anlage­berater dem Kunden bestimmte Wertpapiere für den Kauf oder Verkauf. Der Berater ist verpflichtet, die Geeignetheit der empfohlenen Kapital­anlage für den Kunden unter Berücksichtigung der Anlage­ziele, finanziellen Situation, Risiko­neigung sowie seiner Kenntnisse und Erfahrungen zu prüfen und in einem Beratungs­protokoll fest­zuhalten. Die Entscheidung, die Empfehlung des Beraters umzusetzen, muss der Kunde jedoch selbst treffen. Der Kunde muss für jede Transaktion selbst tätig werden und unter Umständen weiteren Rat einholen. Der Berater hat keine Pflicht, die Anlage­empfehlung oder das Kunden­depot laufend zu überprüfen.

Grundsätzlich gibt es zwei Vergütungs­modelle: die Honorar- und die Provisions­beratung. Die Vergütung beider Arten der Anlage­beratung birgt ein Konflikt­potential. Bei der Honorar­beratung wird die Beratungs­dienst­leistung dem Kunden meist auf Zeit­basis direkt in Rechnung gestellt. Hierdurch besteht für den Berater der Anreiz möglichst viele Beratungs­stunden abzurechnen. Bei der Provisions­beratung wird die Dienst­leistung dem Kunden nicht direkt in Rechnung gestellt, denn der Berater erhält eine Provision von seinem Arbeit­geber oder vom Anbieter des Anlage­produktes (z. B. von der Fonds­gesellschaft oder dem Emittenten eines Zertifikats). Dies birgt das Risiko, dass dem Kunden nicht das für ihn am besten geeignete, sondern das für den Berater lukrativste Wertpapier angeboten wird.

5.5. Finanzportfolioverwaltung

Die Finanz­portfolio­verwaltung (auch Vermögens­verwaltung genannt) unterscheidet sich grundlegend von den vorher beschriebenen Wertpapier­dienst­leistungen. Der Vermögens­verwalter erhält vom Kunden die Befugnis, Anlage­entscheidungen im eigenen Ermessen vorzunehmen, wenn sie ihm für die Verwaltung des Kunden­vermögens zweckmäßig erscheinen.

Für den Kunden wird ein eigenes Depot und Verrechnungs­konto eingerichtet. Der Kunde ist Inhaber des Depots und Kontos und kann als einziger Überweisungen und Entnahmen tätigen. Der Vermögens­verwalter erhält eine Dispositions­vollmacht, die ihn zu Wertpapier­transaktionen im Namen und auf Rechnung des Kunden berechtigt. Er darf sich jedoch grundsätzlich kein Eigentum an den Vermögens­werten des Kunden verschaffen oder diese auf kunden­fremde Depots oder Konten übertragen. Bei den Anlage­entscheidungen muss der Vermögens­verwalter zwar keine Weisungen des Kunden einholen, er ist jedoch an die vorher vereinbarten Anlagerichtlinien gebunden, die seine Befugnisse, sowie die Art und den Umfang der Dienst­leistung regeln. Die Befugnisse des Vermögens­verwalters gehen mit umfangreichen Pflichten einher. Der Vermögens­verwalter unternimmt nicht nur Wertpapier­transaktionen für den Kunden, sondern ist auch für die Überwachung des Portfolios verantwortlich.

Die Vermögens­verwaltung ist typischer­weise eine auf den langfristigen Vermögens­aufbau oder -erhalt ausgerichtete Dienst­leistung. Der Kunde sollte daher einen lang­fristigen Anlage­horizont haben, da dies die Wahrscheinlich­keit erhöht, dass sich das Portfolio im Falle von negativen Wert­entwicklungen wieder erholen kann. Es ist ratsam, für die Vermögens­verwaltung nur Vermögens­werte zu verwenden, welche nicht für die Deckung der kurz- und mittel­fristigen Lebens­führung oder Erfüllung sonstiger Verbindlichkeiten benötigt werden.

Auch die Vermögens­verwaltung ist mit einer Reihe von Risiken für die Vermögens­situation des Kunden verbunden. Obwohl der Vermögens­verwalter dazu verpflichtet ist, stets im besten Interesse des Kunden zu handeln, kann es zu Fehl­entscheidungen und sogar Fehl­verhalten kommen. Der Vermögens­verwalter kann keine Garantie für den Erfolg oder für die Vermeidung von Verlusten abgeben. Auch ohne Vorsatz oder Fahr­lässigkeit können die vereinbarten Anlage­richtlinien durch das Markt­verhalten verletzt werden. Die Vermögens­verwaltung bedarf der Erlaubnis der Bunde­sanstalt für Finanz­dienstleistungs­aufsicht (BaFin). Die BaFin prüft im Erlaubnis­antrag unter anderem die Geeignetheit der Geschäfts­leitung, sie billigt oder genehmigt jedoch ausdrücklich nicht die konkret angebotenen Dienst­leistungen oder Produkte.

Als regulierte Wertpapier­institute gehören in Deutschland zugelassene Vermögens­verwalter der Entschädigungs­einrichtung der Wertpapier­handels­unternehmen (EdW) an. Die EdW leistet eine Entschädigung, wenn ein Wertpapier­handels­unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten aus Wertpapier­geschäften gegenüber seinen Kunden zu erfüllen, und die BaFin den Entschädigungsfall festgestellt hat. Für diese Forderungen ist der Schutz auf 90 % der Forderungen begrenzt, maximal jedoch auf 20.000 Euro pro Anleger. Das Risiko der pflicht­widrigen Vermögens­verwaltung oder des Vollmacht­missbrauchs durch den Vermögens­verwalter ist durch den EdW jedoch nicht abgedeckt.

Stand: 30.06.2022